Daniel und Herr Krause.

Man hätte als Überschrift auch „Ein Gespräch unter vier Augen“ oder „Vier Augen für ein Halleluja“ nehmen können. Aber das wäre bei dem verächtlich "Glubschaugen-E-Klasse" genannten Wagen zu naheliegend gewesen. Herr Krause, seines Zeichens einer der Sterne der Benzhistorie, der als Kind der 90er designtechnisch am glanzlosesten erstrahlt, hat jedenfalls das Beste aus sich gemacht. Und mal so unter uns: Darin pennen kann man vorzüglich!

 

 Ja, da mag man unken wie man will. Die rostanfällige Karosse (diesen Mangel teilt der W210 übrigens mit anderen Baureihen aus der Epoche) und das - in manchen Augen vielleicht - billige Design. Ach, da hat Mercedes nicht unbedingt die beste Arbeit abgeliefert.


Doch nun kommt das unweigerliche „Aaaaber“. Denn wenn man sich hineinsetzt kommt einem dieser Wagen unglaublich solide vor. Kein Vergleich zu anderen Autos. Ein echter Benz eben. Der satte Klang der sich schließenden Türen und das ganze andere Qualitäts-Tralala. Ihr merkt schon, ich habe das Pferd vollkommen falsch aufgezäumt und beginne das übliche Autozeitschriften-Geblubber über das ach so legendäre Mercedesgefühl nachzuschwafeln. Nun, sei es drum. Da scheint ja was dran zu sein an dem gebetsmühlenartigen Wiederholen dieser Werte.


Selbst der verwohnte Herr Krause, seines Zeichens Ex-Schausteller-Zugmaschine, Kilometerfresser und ungeliebtes Stiefkind, strahlt noch immer die volle Würde seines noblen Elternhauses aus. Ganz egal, ob Daniel nun den Innenraum mit Stickern zugekleistert hat. Und das sage ich nicht einfach so. Denn ich hatte das Vergnügen, einige hundert Kilometer mit Herrn Krause quer durch Deutschland zurückzulegen und zudem die Ehre auf seinem Beifahrersitz nächtigen zu können. Ich kann euch sagen, so verdammt erholt bin ich noch nie in einem Auto zu mir gekommen. Und ich habe schon die eine oder andere Nacht in verschiedenen Autos geschlafen. Ein klarer Pluspunkt. Ein Langstreckenauto muss auch Schlafkomfort bieten.


 Weniger bequem ist übrigens der Kofferraum. Dafür umso geräumiger. Ich passe da locker rein und wenn man mich etwas mehr gefaltet hätte, wäre noch Platz für zwei weitere Leichen gewesen. Wo ich gerade schonmal im Kofferraum bin, konnte ich mir auch gleich die verbliebenen Überreste des Originallackes ansehen. Unschuldiges Weiß.


Das hat Daniel dem Krause rein äußerlich gehörig ausgetrieben. Kurz nach dem Kauf begann das, was man an sich von einem so "jungen" Benz nicht erwarten sollte: Eine Teilrestaurierung. für den TÜV. Natürlich zeitwertgemäß, also mit dem, was gerade in der Schrauberscheune an Lackdosen und Material noch zu finden war. Vor dem Thema Optik kam aber Priorität 1: Technisch wurden zum Beispiel die Spurstangen/-köpfe etcetera auf Heavy-Duty-Teile des Qualtätsherstellers Meyle umgerüstet, die Bremse bekam ein Upgrade und unzählige andere Verschleißteile wurden getauscht.
Nun wurde kurz entrostet - ein bisschen schleifen und das gute Fertan an die offenen Wunden - dann von Hand per Sprühdose in zwei Nächten in der Garage lackiert. Und worauf fällt die Wahl, wenn man in der Versicherungsbranche tätig ist, beruflich Hemden trägt und mit dem Auto auch täglich beim Kunden in der Einfahrt steht? Natürlich auf trendiges Mattschwarz mit unglaublich seriösen neongrünen Akzenten. Respekt Daniel. Das setzt "grande cojones" voraus. 


Das Endergebnis aus Technikupdate und Karosseriearbeiten kann sich sehen lassen, "Ohne Mängel" bestanden! Der Legende nach türmen sich an manchen Orten der Karosse aber immer noch enorme Spachtelmassen im Verborgenen auf, um das Auto zusammen zu halten.

Tiefer ist das 95 Dieselpferdestärkenmonster natürlich auch gekommen. Gott sei Dank nicht so weit, dass man damit vor jedem Schlagloch eine Vollbremsung machen müsste, aber dennoch tiefer als geplant: Das komplett neue Fahrwerk hat sich anstatt der gewünschten "40/40" doch stärker gesetzt. Dennoch: Herr Krause ist sogar weiterhin so komfortabel, dass man auf der Autobahn weder Hoppeln, harte Schläge noch sonst was verspürt. Habe ich auch selten bei so tiefen Karren erlebt.


Wo wir gerade bei tief sind. Das ist ein gutes Stichwort zum Shooting. Wir wollten das Niveau etwas weiter unten ansetzten und ein kleines Fotoset in Richtung „Zwielicht und Trasch“ gestalten. Mit Werbebeschriftung für einen weltweiten Auftragskillerservice bot es sich natürlich an. Super das Daniel da so fleißig mitgearbeitet hat und zum Beispiel die Knarren organisierte. Bin ich zwar nicht unbedingt ein großer Fan von, aber das passte wie die Faust aufs Auge oder der Autor in den Kofferraum. Ganz großes Tennis muss ich sagen!


Wer noch mehr über Herrn Krauseerfahren will findet ihn auch auf Facebook. Zur Zeit sucht Daniel auch einen neuen Besitzer für seinen Weggefährten, da neue Projekte ins Haus stehen. Anfragen zum Fahrzeug leiten wir natürlich gerne an ihn weiter... 


Text und Fotos: CW
Korrektur: Daniel R.B.

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